15.11.2024Stadt stellt Konzept zur Haushaltssicherung vor
Mit Blick auf die Haushaltslage steht die Stadt Göttingen vor herausfordernden Zeiten. Bedingt durch den deutlichen und längerfristigen Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen sowie unabweisbarer Ausgabensteigerungen in den kommenden Jahren ist der städtische Haushalt in eine finanzielle Schieflage geraten. Um den Haushalt weiterhin verantwortungsvoll führen und die Stadt wieder auf ein solides finanzielles Fundament bringen zu können, hat die Stadt jetzt ein sogenanntes Haushaltssicherungskonzept (HSK) entwickelt und dem Rat übergeben.
Ein HSK ist ein strategisches Planungsinstrument mit realer Wirkung auf den Haushalt. Mit ihm lassen sich gezielte Maßnahmen entwickeln, um die anstehenden finanziellen Herausforderungen zu bewältigen. Es stellt mit Entlastungen an verschiedenen Stellen im Haushalt sicher, dass die Ausgaben und Einnahmen der Stadt langfristig wieder in ein stabiles Gleichgewicht gebracht werden. Das HSK ersetzt dabei nicht künftige Haushaltsberatungen. Es ist vielmehr ein Auftrag an die Verwaltung, die Maßnahmen zu prüfen und zur gesonderten Beschlussfassung durch den Rat vorzubereiten. Das HSK wurde mit dem Ziel erstellt, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung auf allen Ebenen durch einen dauerhaft genehmigungsfähigen Haushalt zu gewährleisten. Dazu zählt es auch, in wichtige und nachhaltige Maßnahmen investieren zu können. Dabei kann sich die Stadt nur auf solche Bereiche beziehen, auf die sie direkt und möglichst kurz- bis mittelfristig Einfluss hat: Sie wird ihre internen Prozesse auf den Prüfstand stellen und dort, wo es möglich ist, Aufgaben mit weniger Ressourcen erledigen und dabei den Standard reduzieren. Dort, wo sie es beeinflussen kann, wird die Stadt weniger Geld ausgeben. Schließlich wird sie rechtliche Möglichkeiten zur Einnahmeverbesserung ausschöpfen.
„Göttingen war im Vergleich zu anderen großen Städten in Niedersachsen finanziell bislang sehr gut aufgestellt. Doch der aktuelle Einbruch der Gewerbesteuer und die schon seit Jahren bestehende strukturelle Unterfinanzierung der kommunalen Hand von Bund und Land fordern jetzt ihren Tribut. In diese Situation ist die Stadt unverschuldet hineingeraten. Unser Haushalt wird auf absehbare Zeit nicht ausgeglichen werden können“, betont Göttingens Oberbürgermeisterin Petra Broistedt. Im Haushaltsentwurf für 2025 und 2026 seien schon an vielen Stellen Einsparungen vorgenommen worden, aber „das reicht noch nicht, wenn wir unsere finanzielle Handlungsfähigkeit aufrecht erhalten und weiter investieren wollen“, so Broistedt, „in Kitas und Schulen etwa, in die Feuerwehr und die energetische Sanierung, den Radverkehr, die Straßen.“ Broistedt unterstreicht: „Das geht nur mit einem ernst gemeinten Plan zur Haushaltskonsolidierung.“ Die Alternative wäre, einen Schuldenberg aufzubauen, erklärt die Oberbürgermeisterin und macht deutlich: „Das wäre unverantwortlich. Wer mehr für das laufende Tagesgeschäft ausgibt als er einnimmt, läuft in die Zahlungsunfähigkeit und kann nicht investieren. Damit würde die Stadt heute Schulden machen, die künftige Generationen abtragen müssen, ohne dass klar ist, wie das jemals funktionieren soll.“
Die kommenden Jahre würden für alle herausfordernd, prophezeit Broistedt, doch Göttingen sei krisenerprobt: „Mit dem Haushaltssicherungskonzept legen wir die Grundlage für eine stabile Zukunft. Es gilt, in der Gemeinschaft Verantwortung zu tragen und die richtigen Entscheidungen für unsere Stadt treffen. Wenn wir jetzt mutig und klug handeln, können wir zuversichtlich in die Zukunft blicken.“
Was ist ein Haushaltssicherungskonzept und wie wirkt es?
Die Entwicklung und Umsetzung eines Haushaltssicherungskonzepts erfordert eine sorgfältige Abwägung und Entscheidungen, die nahezu alle Bereiche des Lebens in Göttingen betreffen werden. „Es müssen Entscheidungen gefällt werden, die an vielen Stellen auch richtig schmerzen“, untermauert der Erste Stadtrat und Kämmerer Christian Schmetz, „alles andere wäre nur halbherzig und würde zu keinem Ergebnis führen. Es geht dabei jedoch stets darum, das Wohl der Stadt insgesamt langfristig zu sichern und die Weichen für eine solide finanzielle Zukunft zu stellen.“
Oberbürgermeisterin Broistedt betont: „Wir haben streng darauf geachtet, dass die Maßnahmen ausgewogen und sozial gerecht sind, insbesondere in den Bereichen Soziales, Kultur und Sport.“ Von den vorgesehenen Maßnahmen sind alle in Göttingen betroffen: Die Stadtverwaltung selbst, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen und Institutionen. Insgesamt werden dem HSK nach für die gesamte Laufzeit 2029 die Stadtverwaltung am deutlichsten betroffen sein mit rund 32,8 Millionen Euro, gefolgt von den Bürger*innen mit rund 25,6 Millionen Euro und von Unternehmen und Institutionen mit rund 16,8 Millionen Euro.
Zugleich untermauert Schmetz: „Die Menschen in Göttingen können sich darauf verlassen, dass die Verwaltung verantwortungsvoll mit den öffentlichen Mitteln umgeht und alles daransetzt, Göttingen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf Erfolgskurs zu halten.“ Das HSK zeige heute auf, wo morgen gespart werden müsse, damit die finanzielle Lage der Stadt übermorgen wieder besser sei. „Wir haben viele Vorschläge erarbeitet, die noch von Fachausschüssen und im Rat beraten und beschlossen werden müssen. Vorschläge ab dem Jahr 2027 müsse der Rat ohnehin im Rahmen der Haushaltsberatungen für 2027 diskutieren. „Beratungen zu den zukünftigen Haushalten wird es weiterhin geben“, so Schmetz.
Beispielmaßnahmen: Aufgabenkritik, Jobcenter, Kulturpolitisches Leitbild
Das HSK umfasst 97 Maßnahmen, 39 davon sollen die Ausgaben reduzieren, 58 die Einnahmen erhöhen. Zu den größten Sparmaßnahmen mit einem Volumen von rund 6 Millionen Euro gehört beispielsweise die verwaltungsinterne Aufgabenkritik, nach der ab 2027 18 Stellen pro Jahr eingespart werden sollen. Eine weitere Sparmaßnahme betrifft das Jobcenter: Es leistet gute Arbeit, doch zuständig ist eigentlich der Landkreis Göttingen. Ihm soll diese Aufgabe wieder zurückübertragen werden. Für die Kund*innen des Jobcenters ändert sich dadurch nichts; die Stadt spart aber rund 6,65 Millionen Euro ab 2028 ein. Durch ein neues kulturpolitisches Leitbild sollen ab 2027 125.000 Euro in 2027 sowie 2028 und 2029 je 250.000 Euro eingespart werden. Gemeinsam mit der Politik soll dafür ausgehandelt werden, wo in der Kulturpolitik Akzente zu setzen sind, was die Stadt sich leisten soll und was weniger bzw. gar nicht mehr gefördert werden soll.
Für Menschen, die mit Zweitwohnsitz in Göttingen gemeldet sind, erhält die Stadt keine Mittel aus dem Finanzausgleich des Landes. Dennoch nutzen sie Einrichtungen und Angebote der Stadt. „Es ist nur gerecht, sie über die geplante Steuer an den Kosten zu beteiligen“, sagt Christian Schmetz. Grundsätzliches Ziel ist aber, dass sich mehr Menschen als bisher mit dem ersten Wohnsitz in Göttingen anmelden. Durch die Einführung einer Zweitwohnsitzsteuer, die Ansiedelung weiterer Gewerbebetriebe und die Erhöhung der Verkehrssicherheit sollen Einnahmen von rund 8,5 Millionen generiert werden.
So geht es jetzt weiter
In den nächsten Wochen stehen Beratungen zum HSK innerhalb der Rats-Fraktionen und -Gruppen an. Die nächste öffentliche Sitzung, die sich mit dem HSK befassen wird, ist der Finanzausschuss am Dienstag, 3. Dezember 2024. Die Politik kann dort Änderungsanträge einbringen, die dann auch im Zusammenhang mit dem HSK selber in der Ratssitzung am Freitag, 13. Dezember 2024, diskutiert würden. In der Dezember-Ratssitzung stehen dann der Haushalt für die Jahre 2025 und 2026 sowie das Haushaltssicherungskonzept 2025 bis 2029 zur abschließenden Entscheidung auf der Tagesordnung.
Informationen auf der städtischen Webseite
Das HSK ist auf der städtischen Webseite unter dem Kurz-Link goe.de/haushaltslage zu finden. Dort gibt es auch ein FAQ zu häufig gestellten Fragen sowie erklärende Videos der Oberbürgermeisterin und des Ersten Stadtra